Wir Menschen müssen essen, sonst können wir weder tätig noch fröhlich sein. In unserer westlich-metropolitanen Gesellschaft ist das Essen aber zur Nebensache, zur Ersatzhandlung und zur
Lifestyle-Frage verkommen. Die Herstellung von Nahrungsmitteln zeigt dementsprechend alle pervertierten und zerstörerischen Eigenschaften der kapitalistischen Produktionsweise. Sich davon so weit
wie möglich frei zu machen, ist für uns eine Frage des Selbstschutzes und der gelebten Kapitalismuskritik. Außerdem verbringen wir die Zeit lieber gemeinsam in unserem Garten, als bei der
Lohnarbeit, um die Lebensmittel dann mit dem dabei verdienten Geld kaufen zu können.
Die Garten-Ini hat die Verantwortung für den Gemüsebau auf dem Karlahof übernommen. Wir sind zur Zeit drei Personen, die sich hauptverantwortlich um Planung, Anbau und Ernte von Gemüse kümmern.
Wir kultivieren nicht nur die Pflanzen sondern auch unsere Anbaumethoden, entwickeln und verbessern Mischkultur-Anbau, Mulchsysteme und Terra-Preta-Kompostierung. So haben wir Ernten, die uns
glücklich machen, und sorgen dabei für den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit. Jeden Montag ist offener Gartentag, bei dem Mithelfende sehr willkommen sind!
Unsere Tätigkeit begreifen wir als eine Form der offenen Subsistenz. Wir versorgen den Hof und alle, die hier zu Gast sind, mit Essen. Außerdem bauen wir extra viel Weißkohl, Chilis, Zwiebeln,
Zucchini, Kürbis, Kräuter, Rote Bete und von manch anderem Gemüse an, damit die Schleudergang daraus Aufstriche, Sauerkraut, scharfe Pasten und allerlei Eingemachtes produzieren kann. Getragen
ist unsere Praxis von der Idee und der Hoffnung auf eine wiederzuentdeckenden Kultur von uns Menschen, in der wir uns gegenseitig mit allem Lebensdienlichen versorgen, ohne uns in berechnenden
Tausch- und Schuldverhältnissen voneinander zu entfernen oder gegeneinander aufbringen zu lassen.
Dabei bewegen wir uns auf einem Feld aus Fragen wie etwa: „Wie können wir unsere anderen Bedarfe und Bedürfnisse stillen (für die wir Geld brauchen), wenn unsere Zeit vor allem in
Subsistenz-Tätigkeiten fließt?“ oder „Wie kommen wir mit dem Spannungsverhältnis klar, das aus der Notwendigkeit, ausreichend Gemüse zu produzieren, und dem Spüren unserer eigenen
Belastungsgrenzen entsteht?“ oder „Für wen und welches Außen wollen und können wir Gemüse mitproduzieren und wo sind da die Grenzen?“ oder „Wer sorgt für uns, wenn wir alt, krank oder sonstewie
schwächer werden und nicht so viel Energie für die Gemüseproduktion übrig ist?“. Die Antworten auf diese Fragen finden wir vielleicht irgendwo in unserer gelebten Alltagspraxis, sie schwingen in
einem unabgeschlossenen Raum des Probierens und schlängeln sich durch Gefühle von Freude am gemeinsamen Tun, aber auch Stress durch zu viel Verantwortung, Angst, nicht genug zu sein bzw. nicht
genug zu haben und der Sehnsucht nach einem zugewandten, weichen Umgang mit uns selbst und unseren Mitlebewesen.
Falls Du Kontakt zu uns aufnehmen willst, melde dich gerne unter:
karlahof@gegenseitig.de